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Schuldenerlass unter Corona

Die Coronakrise wird hierzulande als ein Phänomen wahrgenommen, das zwar von China ausgegangen ist, nun aber vor allem uns, das heißt Deutschland, die EU, die USA und weitere Industrieländer betrifft. Das ist nicht falsch, aber wir dürfen uns nichts vormachen, die Pandemie wird auch vor den ärmsten Ländern des Globalen Südens nicht Halt machen.

Hygieneregeln auf einem Schild in Westafrika
Quelle: Volker Leptien

Welche Auswirkungen die Pandemie auf kritisch verschuldete Staaten im Globalen Süden haben kann, hat das Entschuldungsbündnis erlassjahr.de genauer untersucht. Viele Länder mit niedrigem Einkommen geben schon jetzt mehr Geld für den Schuldendienst als für die öffentliche Gesundheit aus – durchschnittlich viermal so viel. In diesen Ländern trifft das Virus auf ein schwaches und unterfinanziertes Gesundheitssystem. Es wird in ärmeren Ländern weitaus dramatischere Folgen für Leib und Leben der Betroffenen wie auch für die wirtschaftliche Zukunft der Länder haben.

Der Internationale Währungsfonds IWF hat am Freitag den 27. März 2020 Schuldenerlasse für ärmere Länder angekündigt. Das Instrument mit dem er dies tun will, ist der Treuhandfonds Catastrophe Containment and Relief Trust (CCRT). Dieser übernimmt gegebenenfalls anstelle der Schuldnerländer die fälligen Zahlungen an den IWF.

Eigentlich eine gute Sache. Unterstützt das Bündnis eine Welt e.V. doch seit vielen Jahren die Initiative zur Schaffung eines fairen und transparenten Insolvensverfahrens für hochverschuldete Staaten. Dabei hat sich unsere enge Zusammenarbeit mit dem Entschuldungsbündnis erlassjehr.de und weiteren nationalen Organisationen in anderen europäischen Ländern bewährt.

Ein Tropfen auf den heißen Stein?

Alle unsere Partner begrüßen den Vorstoß des IWF, schafft er dadurch doch die Möglichkeit für weitere Mittel für die Bekämpfung der Corona-Pandemie in den ärmeren Ländern. Schaut man jedoch hinter die Fassade dieser „großzügigen“ Geste wird schnell klar, woher das Geld erst noch kommen muss.

Dazu ein paar Fakten:

  • Am 25. März hatte die Direktorin des IWF Kristalina Georgieva zusammen mit David Malpass, dem Präsidenten der Weltbank, die Regierungen der reichen Industrieländer aufgerufen, ärmeren Ländern ein Schuldenmoratorium zu gewähren. Nun scheinen die mächtigen Institutionen auch ins eigene Portemonnaie zu greifen. Jedoch ist das Geld im CCRT Fond gar nicht das Portemonnaie der Weltbank oder IWFs. Im Moment verfügt der Treuhandfonds aus früheren Zusagen jedoch nur über bescheidene 200 Millionen US-Dollar.
  • Die ersten Länder, vor allem Großbritannien, Japan und China haben bereits Zusagen gemacht. Der IWF erwartet nun, dass andere Länder ebenfalls Beiträge leisten, bis die angepeilte Milliarde zusammengekommen ist. Eine Milliarde ist im Vergleich zur tatsächlichen Staatsverschuldung im Globalen Süden nur der Tropfen auf den heißen Stein.
  • Beiträge für Sonderfonds, wir der CCRT, des IWF für ärmere Länder kamen bisher stets aus den Entwicklungshilfehaushalten der reichen IWF-Mitglieder und sind mithin Mittel, die ansonsten in die Entwicklungszusammenarbeit fließen würden. Die Vergangenheit zeigt, dass hierfür keinen zusätzlichen Mittel eingebracht sondern lediglich umgewidmet wurden.

Was jetzt zu tun ist

Die Fragen rund um Kriterien und Höhe des Moratoriums oder sogar eines Schuldenerlasses sind völlig unzureichend beantwortet. So soll in den Genuss eines Moratoriums lediglich die Länder kommen, die sich für Kredite der International Development Association (IDA) qualifiziert hatten (z.B. Pro-Kopf-Einkommen < 1,15 USD), darunter fallen jedoch nur 76 der 124 kritisch verschuldeten Entwicklungs- und Schwellenländer. Es ist natürlich zu begrüßen, dass der IWF im Interesse der Bekämpfung von Corona auf eigene Forderungen verzichten will. Für ihn selbst ist diese Maßnahme allerdings komplett kostenlos. Zum einen schließt die Forderung der beiden multilateralen Finanzinstitutionen Weltbank und IWF aus, selbst Erlasse zu gewähren. IWF und Weltbank sollten auch selbst zu einem Verzicht auf Schuldenrückzahlungen bereit sein. Ihr Appell an bilaterale Gläubiger würde dadurch glaubwürdiger.

Das grundsätzliche Problem der aktuell 124 kritisch verschuldeten Entwicklungs- und Schwellenländer in Asien, Afrika, Osteuropa und Lateinamerika wird durch die Forderung nicht gelöst. Der Schuldenreport 2020 vor erlassjahr.de beziffert die Auslandsschulen aller Entwicklungs- und Schwellenländer auf 7,8 Billionen US-Dollar.

+++UPDATE+++ 15. April 2020 +++ Die Finanzminister der G20-Staaten haben ein Moratorium für den Schuldendienst im Jahr 2020 für 77 arme Länder beschlossen+++Weitere Infos auf der Internetseite von erlassjahr.de.

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