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und ein Blick hinter die Namen

Weihnachtsmärkte, Heißgetränke und ein Blick hinter die Namen

Warum der Name „Lumumba“ auf den Prüfstand gehört

Die Weihnachtsmärkte öffnen wieder ihre Buden und mit ihnen kehrt die vertraute Auswahl an winterlichen Heißgetränken zurück. Zwischen Glühwein, Punsch und Kakao taucht immer wieder ein Name auf, der harmlos klingt, aber eine schwere historische Last trägt: „Lumumba“.


Viele Menschen wissen gar nicht, dass sich dahinter nicht nur ein Getränk verbirgt, sondern der Name eines kongolesischen Freiheitskämpfers. Patrice Lumumba, der sich mutig gegen Kolonialherrschaft und rassistische Unterdrückung stellte, wurde 1961 ermordet. Sein Name steht für Mut, Unabhängigkeit und den Kampf gegen koloniale Gewalt und genau deshalb ist seine Nutzung als Bezeichnung für ein Alkoholgetränk problematisch.


Vielleicht fragst du dich: Ist das nicht überempfindlich?
Nein es geht nicht um Verbote, sondern um Wirkung und Respekt. Namen tragen Geschichte, und manche Geschichten verdienen einen würdevolleren Umgang.
Das Forum für Migrant*innen der Landeshauptstadt Kiel hat sich deshalb schon im letzten Jahr des Themas angenommen. Gemeinsam mit dem ZBBS und dem BEI wurde Infomaterial entwickelt, das Hintergründe erklärt und Alternativen aufzeigt – von „Kakao mit Schuss“ bis zur norddeutschen „Toten Tante“.

In diesem Jahr möchten wir vom BEI diese Aktion erneut sichtbar machen. Die Materialien wurden überarbeitet und stehen nun wieder zum Download bereit. Sie eignen sich für Vereine, Initiativen, Bildungskontexte – oder einfach, um beim nächsten Weihnachtsmarktbesuch ein bisschen bewusster hinzuschauen.

Hier geht es zum FORUM für Migrant:innen der Landeshauptstadt Kiel


Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass Respekt nicht nur ein Wort ist, das wir feiern – sondern ein Kompass, der uns auch durch die kalte Jahreszeit begleitet.

 

Wer war Patrice Lumumba?

Patrice Lumumba kam 1925 in der belgischen Kolonie Kongo zur Welt. Der Kongo war ursprünglich, seit Berliner Kongo-Konferenz 1884, Privatbesitz des belgischen Königs, später belgische Kolonie. Der belgische König regierte dort besonders unerbittlich, weil er um jeden Preis aus der dort eingeführten Zwangsarbeit Gewinne erzielen wollte. Hunderttausende Menschen wurden wegen „Befehlsverweigerung“ oder „Faulheit“ (Arbeitsverweigerung) bestraft, oft auch durch Abschneiden der Hände.
Patrice Lumumba ging auf eine christliche Schule und absolvierte eine Ausbildung als Postbeamter, gehörte also zu den Angestellten des Kolonialherren. Er galt als besonders zuverlässig, war ab 1956 einer der 150 Einheimischen, die »Carte d’Immatriculacion«, eine Art Personalausweis für diejenigen, die eine Studienberechtigung in Belgien bekamen und reisen durften. Belgien nannte sie Évolué, „Entwickelte“ im Gegensatz zu den Millionen Unterentwickelten, die Zwangsarbeit auf den Plantagen und in den Bergwerken leisten musste. Zum Ende der Kolonialzeit gab es 16 Millionen Einwohner:innen, darunter 150.000 „Entwickelte“.
1956 ließ Belgien die Gründung von Parteien zu und kündigte Wahlen an. 1959 schlug Belgien vor, den Kongo in die Unabhängigkeit zu entlassen – 1989, nach einer Übergangszeit von 30 Jahren, in denen das Land auf die Unabhängigkeit vorbereitet werden sollte. Die meisten Parteien im Kongo lehnten eine so lange Übergangszeit ab, wollten die sofortige Unabhängigkeit der Region ihres Volkes. Lumumba fiel dadurch auf, dass er die Unabhängigkeit des Kongo in den kolonialen Grenzen forderte. Er stammte aus einem sehr kleinen Volk im Osten nahe der Grenze zu Burundi.
Lumumba gründete 1958 die »Kongolesische Nationalbewegung« (MNC) als einzige gesamtkongolesische Partei. Im gleichen Jahr nahm er am »All African People‘s Conference« in Accra, Ghana, teil. Ghana war bereits 1957 von Großbritannien unabhängig geworden, Kwame Nkrumah war Präsident geworden.
Belgien stimmte schließlich der Unabhängigkeit für 1960 zu, als in einem Jahr 17 Kolonien in Afrika unabhängig wurden. Aber Lumumba wurde zum Feind erklärt. Belgien setzte durch, dass die belgischen Rohstofffirmen nicht an den unabhängigen Kongo übergeben werden sollten, sondern an eine belgische „Entwicklungsgesellschaft“. Lumumbas MNC wurde bei den Wahlen im Mai mit 24 Prozent die stärkste Partei, Lumumba wurde Ministerpräsident.
Bei der offiziellen Unabhängigkeitsfeier hielt Lumumba dann eine viel beachtete Rede, in der er auch die Massaker während der Kolonialzeit ansprach. Er sprach über die Schläge und die Beleidigungen durch die Kolonialverwaltung. Er sprach auch darüber, dass Einheimische geduzt würden, während die Weißen gesiezt werden müssten. Er sprach über den Kampf aus „Tränen, Feuer und Blut“ und davon, die „demütigende Sklaverei“ würde jetzt beendet. „Wir werden der Welt zeigen, was der Schwarze schaffen kann, wenn er in Freiheit arbeitet, und wir werden mit dem, was wir im Kongo erreichen, Einfluss nehmen auf ganz Afrika.“
Das war vermutlich sein Todesurteil. Belgien unterstützte in der Folge Unabhängigkeitsbestrebungen vieler Provinzen, vor allem von Katanga, organisierte die Anwerbung von belgischen Söldnern, schickte Transportflugzeuge. Am 1. Juli 1960 war der Kongo unabhängig geworden, Lumumba wurde Regierungschef. Am 5. September verkündeten der Präsident Kasavubu und der Oberst Mobuto, Oberbefehlshaber der Armee, seine Absetzung und verhängten Hausarrest. Am 17. Januar wurde er nach Katanga gebracht.
Im Beisein von vier belgischen Polizisten, Präsident Tschombé und zwei Ministern der abtrünnigen Provinz wurden Lumumba und seine Mitstreiter dort erschossen. Um alle Spuren zu beseitigen, grub ein belgischer Polizeibeamter die Leichen kurze Zeit später wieder aus, zerstückelte sie mit einer Säge und löste sie in Säure auf.
Der Buchautor und Aktivist Emmanuel Mbolela: „Stellen Sie sich einmal vor, man hätte General de Gaulle auf Betreiben eines afrikanischen Landes auf diese Weise ermordet... Unvorstellbar! Stellen Sie sich vor, ein schwarzer Polizist würde sich in Fernsehinterviews damit brüsten, den leblosen Körper eines europäischen Staatsführers zerstückelt und in Säure aufgelöst zu haben – unvorstellbar. Was geschehen ist, schmerzt heute noch.

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