News Reader (Nachhaltige Entwicklung)

Ernährung mal anders: Konserve, Kuh & Kohl war ein voller Erfolg!

„Möhre, Mango, Müll – finde den Fehler! Über die globale und regionale Verschwendung von Lebensmitteln“ am 13.09.23 im Nachhaltigkeitszentrum Kiel  

Nach dem Motto „Der September wird lecker!“ kamen wir zusammen, um über Themen rund um die Lebensmittelverschwendung zu diskutieren. Mit dabei waren Prof. Dr. Karin Schwarz, der CAU Kiel, Irene Michels aus dem MLLEV, Thomas Blohm von Harry Brot und Moritz Dietzsch von den ResteRittern. Mit einem vorherigen Input von Paola Pollmeier (Platos Sin Froteras) und Stig Tanzmann (Brot für die Welt) wurden das Thema der Lebensmittelverschwendung und -verluste in einen globalen Kontext gesetzt. Gerade der Vortrag von Paola Pollmeier hat einen interessanten Einblick in eine Initiative in Kolumbien gewährt, in der Frauen durch gemeinsames Kochen gestärkt, Lebensmittel gerettet und vor allem Traditionen weitergegeben werden. Ernährung ist nicht nur Essensaufnahme, sondern kann gemeinschaftlich sein und ist somit eine gelebte Solidarität!  

Alle Diskutierenden waren sich einig, dass Lebensmittelverschwendung nicht mehr zeitgemäß ist. 50 Prozent der Verschwendung der Lebensmittel findet in privaten Haushalten statt, sodass hier ein neuer grundlegender Bildungsansatz von Nöten ist. Es scheint, als müsse man, ähnlich wie bei der Landwirtschaft, auch die Ernährung und das Zubereiten von Speisen wieder in die Mitte der Gesellschaft bringen.  Im gesamten Gespräch wurde deutlich, dass von allen Seiten ein wertschätzender Umgang mit Lebensmitteln gewünscht wird. Convenience Produkte haben auf dem Markt aber genauso ihren Platz gefunden, wie Urprodukte. Schnell wurde klar, dass es nicht nur technologische Fortschritte bei der Lebensmittelverschwendungsbekämpfung geben wird, sondern alle Beteiligten sich ein Umdenken der Verbraucher*innen wünschen. Strukturell Maßnahmen wurden in den Hintergrund gekehrt. Auch die SDGs kamen nicht zu kurz, sodass die Diskutierenden konkrete Vorstellungen geäußert haben, wie SDG 12 bis 2030 in ihrer Branche erreicht werden könnte. Thomas Blohm rief Menschen scherzend auf, mehr Knuste (die Kanten des Brotes) zu Essen, um der Verschwendung dieser vorzubeugen. Fügte aber dann hinzu, dass er hoffe, bis 2030 technologisch so gut aufgestellt zu sein, dass Ware länger haltbar gemacht werden kann. Moritz Dietzsch, Irene Michels und Karin Schwarz wollen mehr in Bildung von Kindern investieren, um so die künftigen Generationen näher an die Ernährung zu führen.  

Wir als BEI haben die Kooperation mit der Umweltberatung der Landeshauptstadt Kiel im neu gegründeten Nachhaltigkeitszentrum Kiel sehr genossen. Uns war und ist es wichtig, mit unseren Veranstaltungen auch immer neue und geeignete Orte zu entdecken, an denen Menschen sich kritisch mit dem eigenen Handeln auseinander setzen.  

„Vielfalt säen, Veränderung ernten“ am 20.09.2023 im Studio Kino in Kiel

Der Film „Ernte teilen“ von Philipp Petruch zeigt drei SoLaWis (Solidarische Landwirtschaft), die trotz der gemeinsamen Grundidee sehr unterschiedlich funktionieren. Landwirtschaft kann anders aussehen, als das stereotypische Bild von Trecker und Hof, sie kann eine Kooperation zwischen Konsument*innen und Produzent*innen sein, in der sich eine Solidarität und Freundschaft entwickelt und die landwirtschaftliche zur gemeinschaftlichen Erfahrung wird. Im Film wurde genau diese Verbindung zwischen Bäuer*innen und Mitbäuer*innen bzw. -gärtner*innen gezeigt.  

Eine Definition von www.solidarische-landwirtschaft.org/startseite:  

Die Landwirtschaft – nicht das einzelne Lebensmittel – wird finanziert.  

In der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) tragen mehrere private Haushalte die Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebs, wofür sie im Gegenzug dessen Ernteertrag erhalten. Durch den persönlichen Bezug zueinander erfahren sowohl die Erzeuger*innen als auch die Verbraucher*innen die vielfältigen Vorteile einer nicht-industriellen, marktunabhängigen Landwirtschaft.  

Anlässlich zur Agrarminister*innenkonferenz in Kiel wurde der Film angeschaut und anschließend an der Diskussion von Dieter Pansegrau von den Schinkeler Höfen, einer SoLaWi nahe Kiel, und dem Bioland-Landwirt Joachim Becker vom Bauernverein SH teilgenommen. Moderiert wurde die Diskussion von Jan Sachau (ecofinanzplan).  

In der Diskussion ging es nicht nur um die Landwirtschaft in SH, sondern auch um das Monopol der Lebensmitteleinzelhändler und die strukturelle Herausforderung, der sich die Landwirtschaft stellen muss. Deutlich wurde, dass gerade der Lebensmitteleinzelhandel und die damit verbundenen Strukturen den Landwirt*innen selbst oftmals schaden und den Konsument*innen die wahren Kosten eines Produktes vorenthalten. Innerhalb der Strukturen bleibt ein*e Landwirt*in ein*e Einzelunternehmer*in, auch wenn er*sie sich punktuell mit anderen zusammenschließt. In der Solawi ist dies nicht der Fall, wodurch sie von äußeren „Schocks“ und damit verbundenen Preisschwankungen und verändertem Konsumverhalten weitestgehend verschont bleiben. Der Kontext der Diskussion ist klar, denn wir leben in einer Welt, in der unsere Taten zusammenhängen und wir nicht nur auf unseren eigenen Teller – buchstäblich – gucken können. Die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG) bieten Möglichkeiten, die Welt, wie wir sie zukünftigen Generationen hinterlassen wollen, zu verändern. Die SDGs gehen darüber hinaus. Denn es geht nicht nur um die zukünftigen Generationen hier in SH oder Deutschland, sondern gleichermaßen um Lebensrealitäten von Menschen in Ländern des Globalen Südens heute und jetzt. Unsere Ernährungsweise sprengt jegliche planetare Grenzen. Die industrielle Landwirtschaft kann entweder Problem bei der Bekämpfung von Hunger und Armut bleiben oder eine Schlüsselrolle in der Bekämpfung einnehmen. Denn die Landwirtschaft weltweit ist stark von der Veränderung der Umwelt und Natur betroffen, Hitze- und Trockenperioden haben einen immensen Einfluss auf den landwirtschaftlichen Ertrag. Die Landwirtschaft ist abhängig von der Natur, die sich nicht unendlich durch Maschinen und Chemie beeinflussen lässt.  

Landwirtschaft hat eine Menge Gesichter und viel Potential. Für die Zukunft wünschen sich nicht nur die beiden Diskutanten, sondern auch die Teilnehmer*innen und der Filmemacher mehr Wertschätzung und eine gerechtere Landwirtschaft, für die sich strukturelle Rahmenbedingungen ändern müssen, die nicht von Monopolen bestimmt werden. Eine konkrete Veränderung für die Unterstützung von SolaWis wäre bspw., dass die Förderkultur sich ändert, da die Vorgaben oftmals nicht verhältnismäßig sind und an die Organisationsform der SolaWis angepasst werden sollten. 

„Kohlzauber im September – Nachhaltigkeit im Kochtopf“ am 27.09.2023 im der Cocina in der Alten Mu in Kiel

Die letzte Veranstaltung der Reihe fand am 27.09.2023 in der Cocina in der Alten Mu unter der Leitung von Marcel Lungershausen statt. Schnell wurde klar, dass es mehr Interessierte als Plätze für diesen Kochworkshop gab. Mit insgesamt 27 Menschen ging es dann an die Kochlöffel.  

Wichtig war hier vor allem die Einteilung der Menschen in drei Gruppen. Zubereitet wurden Kimchi, (ein fermentierter eher schärferer Chinakohl oder Rettich), Sauerkraut und vegetarische Kohlrouladen. Letztere konnten als Abschluss vor Ort genossen werden und sorgten für das leibliche Wohl. Alle Teilnehmer*innen waren sehr aktiv und haben sich nicht lumpen lassen, Hand anzulegen.  

Auch bei dieser Veranstaltung dürfen die Sustainable Development Goals (SDGs) nicht fehlen. Denn genau wegen den SDGs beschäftigten wir uns mit dem Kohl. In Schleswig-Holstein befindet sich das größte zusammenhängende Kohlanbaugebiet in Europa. Leider nicht in Kiel, sondern in Dithmarschen. Nichtsdestotrotz ist es – gerade für Menschen aus der Stadt – wichtig über den Anbau in Schleswig-Holstein zu diskutieren und zu realisieren, welche Früchte hier wachsen. Durch die Zubereitung von Kohl sollten die Teilnehmer*innen nicht nur eine saisonale und regionale Art (wieder) entdecken, sondern durch kleine Informationen hier und da, mehr über die Diversität der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft erfahren. Die Veranstaltung wurde von einer Illustratorin begleitet – alle Teilnehmer*innen erhalten im Nachgang einen, auf Schleswig-Holstein abgestimmten, Saisonkalender. 

Ob der Anbau von Kohl in großen Monokulturen nachhaltig ist, wollen wir bei unserem Folgetermin am 01.11.2023 diskutieren. Vielfältig ist der Anbau jedoch, zumindest wird in SH Rotkohl, Weißkohl, Blumenkohl, Brokkoli, Wirsing, Rosenkohl, Chinakohl, Grünkohl und Kohlrabi angebaut. Besonders gut wächst dieser auf schweren bis mittelschweren Böden, die nährstoffreich sind und in Gebieten, die eine gute und beständige Wasserversorgung haben. Bei dem Treffen werden wir außerdem unser Kimchi und Sauerkraut verköstigen, welches bis dahin den Fermentierungsprozess durchläuft. 

Das Ziel der Veranstaltung war nicht nur zu zeigen, wie vielfältig die schleswig-holsteinische Landwirtschaft ist, sondern auch wie divers Ernährung aus der Region gestaltet werden kann. Tradition kann auch cool, lecker und nachhaltig sein. Landwirtschaft und auch die Ernährung nehmen große Teile im Kampf gegen multiple Krisen, aber auch große Teile des Alltags ein. Schon mit kleinen Entscheidungen können sich Konsument*innen aktiv für den Verbrauch von weniger Kohlenstoff, einer gerechteren Landwirtschaft und einer höheren Wertschätzung von Landwirt*innen einsetzen. 

Nichtsdestotrotz müssen politisch strukturelle Änderungen entlang der SDGs und der Landwirtschaft getroffen werden, um die Agenda 2030/SDGs bis 2030 ansatzweise erreichen zu können.

Danke...

…an alle Menschen, Kooperationspartner*innen und Förderer, die an diesen besonderen Veranstaltungen im September teilgenommen und mitgewirkt haben. Es war eine ganz besondere Stimmung und wir hoffen, dass dadurch die ein oder andere Person, das eigene Handeln gemäß der SDGs hinterfragen konnte.  

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